(Belegarbeit im Modul "Umweltkommunikation, Ökopsychologie und Ethik")
Immer wieder muss ich feststellen, dass meine einleuchtenden Argumente für die Notwendigkeit eines „ökologischen“ Weltbildes ihre Wirkung verfehlen. Heute frage ich mich zunächst, was sich hinter einem/meinem(?) ökologischem Weltbild verbirgt. Ein Weltbild ist das Bild, das man sich von Wesen und Funktion der Welt macht. Ein ökologisches Weltbild, wie ich es verstehe, muss von Ganzheitlichkeit geprägt sein und dabei die Profitorientierung / Individualprofitmaximierung dualistischer Weltbilder gegen eine nachhaltige, ökologische, Kreislaufwirtschaft zum Wohl aller Menschen und der sie erhaltenden Um-welt ersetzen.
Was unserem herkömmlichen, dualistischen Weltbild durch Technisierung und „Naturentfremdung“ (durch Religion u. Wissenschaft) fehlt, ist das Verstehen von Ganzheiten. Wir selbst sind ein ganzheitliches System aus Subsystemen und Geschichte. Betrachten wir uns im Makrokosmos bilden wir doch nur ein kleines Subsystem im System „Erde“. Dieses stufenlose Verstehen von Wechselwirkungen eines Teils auf (alle) andere(n) Teile scheint uns heute nicht (mehr?) bewusst zu sein oder wir ignorieren es mit Bravur.
Das Modell eines Faktorennetzes spiegelt diese Wechselbeziehungen am ehesten wieder. Dabei stehen viele Knotenpunkte in mittelbarer oder unmittelbarer Verbindung zu den Anderen. Aus dieser Sicht wird klar, dass die Bezeichnung „UMwelt“ nicht zutrifft. Weil wir einen Knoten im System bilden, leben wir in einer MITwelt. Wir Beeinflussen unzählige wenn nicht alle Faktoren außerhalb genau so, wie diese in uns wirken. Wenn wir das überprüfen wollten, so müssten wir den Menschen nur seiner „Umwelt“ entziehen und, siehe da, er würde sterben.
Eine weitere Facette dieser Ganzheiten ist die Eigenschaft Leben. Aus dualistischer Weltanschauung funktioniert alles durch seine bloße Aneinanderreihung. Wir erforschen Regelkreisläufe von Organen, Organismen und globalen Phänomenen bis ins kleinste Detail. Aber durch die Aneinanderreihung von Teilen, die wir als funktionsnotwendig erkannt haben, schaffen wir es nicht, Dinge zum Leben zu bringen. Wir können Bäume zerlegen, werden es aber nicht schaffen ihn wie unserer Festplatten wieder her zu stellen.
Dennoch halte ich Wissen über die Funktion / Auswirkungen unseres Handelns für ein ökologisches Weltbild für notwendig. Denn wir scheinen unser System Erde im besonderen Maße zu beeinflussen, ohne dabei die Folgen gewollt oder vorhergesehen zu haben.
Aus dem Wissen über unsere „Funktion“ im begrenzten System Erde ergibt sich die Frage nach den „Grenzen des Wachstums“. Wo liegen die Grenzen der Belastbarkeit, bzw. was kann das System Erde mit all seinen Subsystemen in sich kompensieren / regenerieren. Es ist wohl einleuchtend, dass Rohstoffe, wie Kohle, Öl oder Uran begrenzt sind, wenn wir es nicht schaffen, nach ihrer Nutzung eben jene wieder herzustellen. Worauf ich hinaus möchte, ist die Notwendigkeit von Kreislaufwirtschaften. Eine Profitmaximierung durch das alleinige Verbrauchen von Dingen schafft Reststoffe; schafft Abfall und ist ein Spiel auf Zeit. Abfallstoffe werden nicht oder in zu geringer Geschwindigkeit von anderen Subsystemen abgebaut. Ziel aus ökologischer Sicht ist es also seine Profitorientierung besonders im Hinblick auf Lebenserhaltung (i. S. v. Abfallwirtschaft / Schadstoffen / CO2-Produktion / etc.) zu gestalten.
Dies halte ich für das wichtigste Argument, welches wir haben. Die Einsicht in die Sackgasse „wir verbrauchen ohne Rücksicht und ohne Weitsicht“. Immerhin verspricht eine Kreislaufwirtschaft auf lange Sicht größere Stabilität und somit höhere „Gewinne“.
Doch kann eine solche Erkenntnis zu einem ökologisch wertvollerem Handeln führen?
Wenn man die zeitliche Entwicklung meines inneren Verständnisses (von der Welt als System mit Subsystemen) berücksichtigt, dann scheint es schwierig innerhalb von 1, 2 Gesprächen jemanden von diesem Bild so zu überzeugen, dass er es für sich übernimmt. Denn selbst wenn meine Argumentationen schlüssig und für den anderen logisch sind, reicht das scheinbar nicht aus ihn von einer Sache zu überzeugen und / oder ihn zu einem neuen Handeln zu bringen.
Bezogen auf einen einfacheren Sachverhalt wie Massenproduktion von Fleisch lässt sich ohne große Mühe die Qualität / die Brisanz der „Herstellung“ ohne weiteres schildern. Dabei werden Gefühle von / wie Ekel erzeugt. So ist der Film „Unser täglich Brot“ für viele der schlimmste Horrorfilm, den sie je gesehen haben. Und sie wissen, dass es sich um die Frikadelle in ihrem Kühlschrank handelt, zu der sie jede Beziehung verloren zu haben scheinen. Aber dennoch schaffen es Verdrängungsmechanismen (o. Ä.) sich am nächsten Tag eine Currywurst zu bestellen.
Doch es sind ja nicht die Bilder von Horrorszenarien, die mich ökologisch Handeln lassen, sondern eine Wertschätzung meines „Gegenübers“: Natur.
Um meinen Gesprächspartner von der Notwendigkeit dieser Weltanschauung zu überzeugen müssen im Wesentlichen 2 Dinge diskutiert werden. Grundlage bildet in meinen Augen ein rationales Verstehen von (den) Zusammenhängen und Wechselwirkungen. Ich halte es zwar für möglich mit einem Naturverständnis aufzuwachsen, durch welches ich von vornherein ökologisch „korrekt“ handle, doch in unserer westlich-technisierten Welt würde selbst solch ein konstruierter Einzelfall im Chaos von Supermarkt und Rentenversicherung nicht überleben können. Ich versuche also nun einen solchen „Industrie-Kapital-Menschen“ zu überzeugen, mit welchen wir es statistisch häufiger zu tun hätten. Und dieser braucht – wenn nicht bereits vorhanden – Informationen über seine Auswirkungen seines Lebens, seines Konsums etc..
Zu letzt muss aus dem Verstehen ein einsichtiges Handeln hervorgehen. Informieren heißt ja schon jemanden in die gewünschte Form bringen. Doch reines Wissen schafft es meist nicht jemanden zum „Ökoengel“ zu bekehren.
Der Mensch ist in der Lage seine Umgebung, seinen lebensnotwendigen Kontext zu verstehen und zu schätzen. Wenn wir uns als Teil eines Evolutionsprozesses betrachten, und alle Lebewesen um uns auf gleiche Weise, dann heißt das, dass viele, wenn nicht alle aut-, dem- und synökologischen Betrachtungen in gewisser Weise auch für uns gelten. So, wie viele Faktoren eine Population, eine Art oder ein Individuum beeinflussen, werden auch wir als Art Mensch, als menschliche Individuen von unseren uns umgebenen Faktoren beeinflusst. Ebenso beeinflussen wir unsere Umwelt. Es ergibt sich daraus jene Mitwelt in der wir stecken und die angesprochene Unmöglichkeit einer Umwelt.
Für jene Menschen, die dieser Logik zugeneigt sind, beginnt hier das „sich mit in die Welt hinein nehmens“. Denn betrachten wir uns als aktiv teilnehmende Wesen in einem System, dann ist klar, dass Auswirkungen auf uns zurück wirken werden. Demnach haben wir die Wahl, ob wir unsere erkannten Handlungen weiterführen wollen oder sie zu unseren, langfristigen Gunsten modifizieren.
Das klingt nun alles doch recht theoretisch und wissenschaftlich. Eine Sache bleibt nach wie vor ungeklärt: Was ist die treibende Kraft des Lebens – das Phänomen der Emergenz. Wir sind allesamt mehr als nur die Summe unserer Einzelteile. Dabei ist es meiner Meinung nach nicht wichtig zu wissen was die Urmutter genau ist. Reicht es nicht, zu spüren, dass dort etwas ist, was wir Leben, Urkraft, Seele oder Gott nennen können?
Jeder Mensch hat potenziell die Fähigkeit ein ökologisches Weltbild zu entwickeln. Wir sind alle aus dem Hervorgegangen was die „Industriellen“ Umwelt nennen. Wir bestehen aus dem Kohlenstoff, der von Pflanzen gebunden und von Tieren in Fleisch umgewandelt wurde. Und wir alle sind durch Energie entstanden, die zuvor manch andere Organismen / Orte durchquert hat. Ob aber die Fähigkeit auch wirklich ausgeprägt wird, bleibt eine Frage der Individualentwicklung. Wächst ein Mensch „mit der Natur“ auf, kann es sie leichter und besser verstehen und weiß sie zu schätzen. Ob einem erwachsenen Menschen mit einem in der Kindheit wenig „benutzten“, linken, emotionalen Hirnhemisphäre noch zu helfen ist? Ich denke schon, nur brauch dieser viel mehr Zeit und viel mehr Eindrücke / Erfahrungen um ein Gespür für seine Mitwelt zu bekommen und damit seine alten Sichtweisen zu verändern.
So sind es im Endeffekt Geduld, Wissensvermittlung und Erfahrungen, die einen Menschen mit einem Weltbild „ausstatten“ und durch die wir es schaffen können Menschen in das System Terra / Gaya eintauchen zu lassen. Den Weg zum „richtigen“ Weltbild wird der einzelne dann wohl aber doch selbst finden müssen.
Freitag, August 08, 2008
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