Horner Kreisel und dann nach Berlin in einem Ritt. Heute
noch? Das wurde dann nichts, denn ich entschied mich jener blumigen Maxime zu folgen,
die da heißt: "Fährst du in die Nähe ferner Freunde, besuche sie wenn
irgend möglich." Katalin und ich verbrachten atemberaubende Stunden in der
improvisierten SozialwissenschaftsBibliothek. Da laß ich ein kleines knapp 100
seitiges Büchlein, das im Einkauf 113€ kostet. Spannend und wirklich sehr
locker und anregend geschrieben. Leider - wie so häufig - Titel und Autor
gerade vergessen. Irgendwo in meinen Unterlagen ja fernab da steht's
aufgeschrieben. Reflexartig hatte ich mir einen Excerptbogen gezeichnet und die
spannendsten Dinge herausgeschrieben.
Im Anschluss fuhr ich eines der StadtRad-Geschosse durch die
Innenstadt entlang der Außenalster. Schräge Dinger, wiegen wohl 10 kg und
lassen sich bei Leibe nur bis 18km/h beschleunigen - alles andere wäre Sport.
Nett in Ihrer großen WG untergekommen und intensiv
SkillSharing und Selbermachen besprochen. Mit dem Gedanken, dass würden wir
mehr Selber machen, resp. unbezahlt im Freundes und Bekanntenkreis erledigen,
würden sich Auftragslagen bisheriger Techniker, Mechaniker pipapo
verschlechtern und vermutlich alsbald ebenso wir dann auch "wir" auf
jene gegenseitige Selbermachschiene angewiesen sein. Professionalisierung adé;
hallo Tütensuppenniveau.
Die Nacht war entspannend und sehr vertraut. Erst 24 Stunden
später rückte das Wort Ehrfurcht in meinen Fokus, welches ich für diesen Moment
benutzen möchte.
Der Morgen war etwas arg sprachlos, zwei Tees einen Apfel
und - entschuldige: die restliche Schokolade und das Studentenfutter und auf
dem Absatz fällt mir noch ein Zettel in der Küche auf. "Deine Rechte beim
Harzer Amt" Einerseits weil im Text beschrieben wird, das Niemand im
HarzSystem alleinig ein Opfer ist, sondern - man könnte es so formulieren: auch
Täter, weil Mitwirkend durch sich Fügen; doch folgender Maßen in Worte
gekleidet klingt es optimistischer: - einen Handlungsrahmen hat, den jeder
Mensch auf voll ausschöpfen darf. Ergib dich nicht der Bürokratie, dem Unwissen
der Bearbeitenden und schon gar nicht dem verbalen, meist falschem Zwang.
Beispielsweise dürfen so viele Menschen wie du wünschst dich als Beistand
begleiten und du musst keine Eingliederungsvereinbarung (in der Tat nicht dem
Grundgesetz entsprechend ergo strafwürdig)
unterzeichnen (auch nicht von Amtswegen) , um die Grundsicherung zu
erhalten.
Ich stapfe los. Mein Kopfhörer hat sein Nupsi verloren -
Rucksack an einer Brücke auspackend kommt ein Mensch hinter mir an. Will der
mir Pide verkaufen? Ich winke ab, er schmeißt sie ins Wasser und wir schnacken
kurz. Bin bestürzt, dass ich gleich ein Verkaufsgespräch witterte und nun ein
potenzielles Frühstück in den Wind geschlagen, respektive ins Wasser hab fallen
lassen. Die Nächsten Kilometer sind geprägt von zwei Mantren: "Ich höre
Menschen zu und frage unverstandenes nach", und "Ich finde einen
passenden Nupsi" denn der ist in der Wohnung geblieben. Keine Musik also
beim Warten mit berliner Pappe. Grauer Himmel, keiner schaut nett, keiner
schekert. Mit wird kalt und langweilig, als plötzlich einer von der dritten
Spur rüber schießt und scharf bremst. Hamburg - Berlin: Direct Ride.
Ein Außenbediensteter einer Industrieküchenproduktion, von
einer Messe kommend, nimmt mich bis zur Heerstraße (irgend ne Bus M-irgendwas
geht da los) mit. Leicht bestockte Gespräche über dies und das. Geplante
Obsoleszenz im Großküchenbau? frage ich ihn und wir erzählen uns eins über den
Austauschhafen den ich in einigen Tagen, wenn ich zurück komme moderieren werde
und dass es das in seinem Gewerbe eher nicht gibt. Pause von gefühlt 2 Minuten,
dann: Naja also die Haltbarkeit der Produkte sinkt schon, dass könne man schon
sagen. Doch geplant sei das nicht. Das liege überwiegend an den
Fertigungsbedingungen. Die Schweißnähte werden geringer und die Blechstärken
auch. Es sei eben Ressourcenoptimierter - "gute Sache das", denkt's
in mir - und klar, könne man noch mehr Geld in langlebigere Designs stecken,
doch der Preis insbesondere im internationalen Vergleich pipapo. Wieder eine
gefühlte Minute bis zu jenem denkwürdigen und das Thema beendende Highlight:
"Es wäre ja auf die Dauer auch öde, wenn die Dinger ewig halten würden.
Würde dann ja immer Gleich aussehen und Moden ändern sich nun einmal."
Nach einem kurzen Moment der Stille - wohl dem Nachdenken über das eben gesagte
geschuldet - betretenes - ich möchte sogar behaupten beschämtes Schweigen auf
beiden Seiten.
Auch hier Ergo der Reise: Geld ist das Lebenselixier, für
welches wir bestrebt sind, unsere Aufgaben _ zu tun. (Da wo das _ nun steht,
hatten wir mal ein Adverb wie gut, doch im Zuge der internationalen
Marktentwicklungen haben wir den Vertrieb von Adverbien eingestellt und
beabsichtigen an den jeweiligen Leerstellen das Wort effizient einzupflegen.
[uh fieser Schnitzer: Ich muss an dieser Stelle anmerken,
dass ich zum Essen gebeten wurde und dem Folge leisten werde, daher diese
Passage ausgespart habe. Sie ist jedoch derartig interessant, dass ich sie
womöglich in einem weiteren Beitrag veröffentlichen werde. #Von Moral und
Klarheit, von dem Zweck anderer Menschen und dem Nice-Guy-Gedanken]
Ich habe heute L besucht mit ihrem Kleinen. Wie erleichtert
ich mich fühlte zu spüren wie plötzlich nach all dem Sinn des Lebens suchen
etwas da war, was einem einen Sinn regelrecht diktierte. Freilich ist dies nur
schwer als ein nicht eigennütziges Projekt anzusehen, bleibt doch unklar, woher
die intrinsisch-intuitiv wirkende Motivation entspringt. Sendet der Kleine
junge Mensch wortlos die Aufgabe, welche seine Mutter nun als spannend und
erfüllend, auch dankend übernimmt?
Einerlei wie sie zu ihrem Vorhaben gekommen ist, respektive
wie ich ihre Motivativkräfte beschreiben möge, ist es erstaunlich wie klar der Kompass
zu werden scheint.
Ich spreche von einem inneren Kompass, der mir aufzeigt,
welche Dinge und welche Aktionen von Notwendigkeit zeugen. Klar erkennen zu
können, dass nun ein Aufbauen einer Tageseinrichtung dringlicher und
zweckdienlicher ist, als die Gewissheit darüber zu erlangen, ob nun der
Kapitalismus zu neoliberalen Zeiten ultimativ zu überwinden gilt.
Und nach Bruchteilen von Momenten steht der Entschluss sich
einer Gemeinschaft anzuschließen. Leben allein ist sinnlos, ebenso wie ein
Warten auf Umsorgen zum Vergessen verdammt. Es gilt heute Pflege zu leisten und
zu ermöglichen. Es geht heute darum Lebenswichtiges zu sichern und in vielen
Fällen - so meine Befürchtung - gilt es
jenes (wieder) auzubauen.
[uh fieser Schnitzer: Ich muss an dieser Stelle anmerken,
dass ich zum Essen gebeten wurde und dem Folge leisten werde, daher diese
Passage ausgespart habe. Sie ist jedoch derartig interessant, dass ich sie
womöglich in einem weiteren Beitrag veröffentlichen werde. Wieder einmal Moral
und Klarheit, sowie Grundwerte, Grund zur Klage beim Scheffe wegen
kein-Geld-zum-leben und den Veganen Burgerschuppen mit perspektivischer
selbstausbeute für 5,30€ und ganz wichtig: Mein Tag mit Dennis - Wandeln auf
der Paradiesinsel]
Ich habe auf meiner Rückreise drei Menschen begegnen dürfen.
(Wieso eigentlich Dürfen? Letztlich habe ich sie doch schlichtweg getroffen,
oder?) Zunächst fuhr ich vom Kurt Schumacher Damm bis zur nächsten großen
Raste, Linumer Bruch, mit einem Ingenieur, der - ich noch an der Straße mit
Schild stehend - mich antippte und einlud mitzufahren. In vertrautem Dialekt
sprachen wir über Energieausweise für Gebäude. Dass es verschiedene Wege gäbe,
diese zu berechnen, dass jedoch letztlich alles in einer EXCEL-Tabelle
unterzubringen wäre und somit eine fachliche Fundierung für die reine
Erstellung nur bedingt von Nöten sei. "Der Mittelstand? Ja der scheint
sich aufzulösen. Ick kann mir vorstellen, dass in ein paar Jahren es nur noch
zwei Schichten gibt. Dann hat sich die Mittelschicht in der untersten
versenkt." Wir sprachen über Mindestlöhne, über Vergabepraktiken von
Aufträgen, die letztlich dazu führen, dass Menschen kein ausreichendes Gehalt
mit den Projektumsetzungen verdienen können. Wir sprachen über den
Fachkräftemangel und die Fachkräfte, die abziehen, weil es in Deutschland -
wohl mindestens in einigen Regionen und Brangen - nebst dem Fachkräftemangel
auch einen Vergütungsmangel gibt. Eins Drei sind dann schnell mal als
unzureichend klassifiziert und hinreichender Grund eben keine Kinder haben zu
wollen.
Ausgestiegen, froher Gedanken gute Heimfahrt gewünscht und
flux einen Münchener BMW erwischt, der mich bis kurz vor Hamburg mitnehmen
möchte. Er sprach mich sogar von selbst an. Edler Typ dachte ich mir. Klare
Augen, kurze Haare leicht angegraut. Vielleicht um die Vierzig. Jetzt würde ich
ihn auch Ende 30 schätzen, da ich weiß, was er in Berlin erledigte. Bevor es
los gehen konnte, wollte er noch fix etwas Essen und ich versuchte mein Glück
doch noch einen Direkt Ride zu erwischen. Was mir nicht gelang. EGAL dachte ich
und schäkerte stets mit den Menschen, die mir Handzeichen gaben, mich
anlächelten oder mit den Achseln zuckten. Die Sonne schien, es war Hemd-warm
und ich war verdammt gut drauf. Schien irgendwie ein guter Tag zu sein. Eine
Frau kam auf mich zu und wollte mich gerne ein Stück mitnehmen. Das wollten in
der Tat um die sechs Leute, doch alle nur halb so weit wie besagter
BMW-Fahrer. "Schade", sagte
sie, "Hast du Lust auf diesen Schoko-Shake? Den haben die mir geschenkt
und zwei von den Teilen schaffe ich nicht." Klar sagte ich und die Sonne
schien noch mehr. Allerdings, die Teile brizzel erst im Mund, dann im Gehirn
und letztlich ne ganze Weile im Bauch. Komisches Zeug.
Er kommt, wir fahren los. Noch beim Anfahren offeriert er
mir die AGBs: "So und du unterhälst mich jetzt für zwei Stunden" Er
lacht, ich auch. "Das sind die Standard-Bedingungen", füge ich hinzu.
Wir fahren eine ganze Weile. Das Wetter wird mies. Platzregen. Er erzählt von
seiner eben abgelieferten Promotion über -tata:- Energieausweise von Gebäuden.
Die Dinger sind tückischer als man zu meinen glaubt. Wir sind uns schnell einig,
dass die jeweiligen Angaben so gut wie unmöglich korrekt sein können. Mal
ziehen bislang sparsame Menschen aus, hinterlassen dann Leerstand und dann
ziehen wiederum "Energieintensive" ein. Auch eine Vergleichseise
Aufstellung des Ausweises muss scheitern, da jedes Haus anders steht, andere
Technik verwendet und aus dann doch wieder anderen Klinkern besteht. Damit sind
beide Berechnungswege: Bedarfsberechnung und Verbrauchsberechnung hinfällig. Im
Durchschnitt liegen bei einer Gegenüberstellung von vergleichsweiser und
messtechnischer Berechnung divergieren die Werte für dasselbe Objekt um 40 bis
50 %. 80% kämen auch noch so häufig genug vor. Schade eigentlich, dann die
Methode sei ja von der Idee her sinnvoll. Leider sei sie wieder einmal nur
geeignet um Menschen den Verdienst von Geld zu ermöglichen. In meinem Kopf
begleitet von dem Subtext: Dedüm.
Er ist nicht schockiert von meinen Erzählungen über das
Uniwesen, über Verwaltungskrankheiten und Gebühren, doch zeugte dies seiner
Einsicht in ein, Fuck, hier geht es Berg ab. Er sieht keine guten Aussichten
für den Studien und Wissenschaftsstandort Deutschland. Doch bestimmt gibt es
irgend eine Statistik, die belegt, dass ___ (Platz für eine Fußnote zum selber
ausfüllen)
Er legt mir nahe eine Promotion durchzuziehen. Das gefällt
mir. Endlich jemand der an mich glaubt. - Moment - Naja OK der daran glaubt,
dass Promotionen etwas bringen. Beruflich.
Ich kann mich gar nicht 'elokwent' genug ausdrücken zu den
Impulsen und Ja-sagenden Stimmen in mir. Der sportliche BMW ist gemietet. Er
hat Jura studiert, auch wenn er Arzt werden wollte. Ach ja und er findet meine
ReiseIdee gut, was ich - von mir selbst erstaunt - wiederum auch gut finde.
Regelrecht bestärkend. Toll dass nicht das erste Kommentar #Zeitverschwendung
ist. Blöd nur, dass eine ökonomische Betrachtung Anlass gab, dies zu
befürworten. #Hmpfgrg
Ich denke mir: Arbeit und Leben gehören zusammen. Tolle
Wurst, da denke ich ökonomisch-Selbstvermarktend ist ein Scheiß und gleichsam
ist wirtschaftlich Tätig sein ein Scheiß, wenn kein Eigeninteresse dahinter
steht. #Mist
Schwups raus aus der Kiste, rein in die Nächste. Ein altes Ehepaar.
So wirken sie zumindest. Oma und Opa und irgendwie dämpft noch die
Vergangenheit als Rauchende aus den Polstern der C Klasse. (#Wieso fahre ich
häufig gut situierte Fahrzeuge?) An dieser Stelle möge die Leserschaft 3 Mal
raten, was diese Zwei miteinander verbindet PLUS was sie zudem beruflich immer
noch ausüben. (gerne drei Mal Nein verzeichnen, es sei denn ihr meint sie
währen:) Zirkuseigentümer_Innen (und außen.. #Was ist die Verdinglichung von
Eigentümer? Eigentum besitzende ne.)
Es folgt eine lange Erzählung über das Leben der
Zirkusleute, der ich gespannt und wohlwollend zuhöre. Wie unreflektiert,
reflektierte ich manchmal, aber die Bonbons waren lecker und ich war von der
Stimme, der Stimmmodulation und vor allem von den faltigen Gesichtern
gefesselt. Endlich deutsch sprechende und (!) vom Leben gefaltete Gesichter.
Nach 10 Minuten wollte ich nicht mehr Promovieren, sondern in den Zirkus.
Ich erinnere mich an Dennis, der davon berichtete, dass er
während einer HarzMaßnahme "Finde deine verborgenden Vorlieben und Talente
um in ein Berufsleben zu gelangen" von einem Menschen mit den Worten
"In dem was du sagst steckt sehr viel Zynisches und Sarkastisches. Ich bin
der Meinung beides ist eine Krankheit, die den Spaß am Leben für einen selbst
nimmt. Das finde ich derartig anstrengend, dass ich mich mit dir nicht befassen
möchte." betraut wurde. In jenem Seminar erkannte er (kann man das so
sagen? Passender wäre "wurde Ihm erkannt"), dass er unentschlossen
ist. Und das galt es - mitsamt des Zionistischen Redens - zu bereinigen.
Hamburg Hauptbahnhof, Niesel, Extrem viele Menschen, Zug
verpasst, Austauschhafen.de abgesagt, weil Referenten nicht gekommen sind -
kurzum Willkommen daheim.