Freitag, März 21, 2014

einmal Hamburg-Berlin-Hamburg mit Moral und Paradies


Horner Kreisel und dann nach Berlin in einem Ritt. Heute noch? Das wurde dann nichts, denn ich entschied mich jener blumigen Maxime zu folgen, die da heißt: "Fährst du in die Nähe ferner Freunde, besuche sie wenn irgend möglich." Katalin und ich verbrachten atemberaubende Stunden in der improvisierten SozialwissenschaftsBibliothek. Da laß ich ein kleines knapp 100 seitiges Büchlein, das im Einkauf 113€ kostet. Spannend und wirklich sehr locker und anregend geschrieben. Leider - wie so häufig - Titel und Autor gerade vergessen. Irgendwo in meinen Unterlagen ja fernab da steht's aufgeschrieben. Reflexartig hatte ich mir einen Excerptbogen gezeichnet und die spannendsten Dinge herausgeschrieben.
Im Anschluss fuhr ich eines der StadtRad-Geschosse durch die Innenstadt entlang der Außenalster. Schräge Dinger, wiegen wohl 10 kg und lassen sich bei Leibe nur bis 18km/h beschleunigen - alles andere wäre Sport.
Nett in Ihrer großen WG untergekommen und intensiv SkillSharing und Selbermachen besprochen. Mit dem Gedanken, dass würden wir mehr Selber machen, resp. unbezahlt im Freundes und Bekanntenkreis erledigen, würden sich Auftragslagen bisheriger Techniker, Mechaniker pipapo verschlechtern und vermutlich alsbald ebenso wir dann auch "wir" auf jene gegenseitige Selbermachschiene angewiesen sein. Professionalisierung adé; hallo Tütensuppenniveau.
Die Nacht war entspannend und sehr vertraut. Erst 24 Stunden später rückte das Wort Ehrfurcht in meinen Fokus, welches ich für diesen Moment benutzen möchte.

Der Morgen war etwas arg sprachlos, zwei Tees einen Apfel und - entschuldige: die restliche Schokolade und das Studentenfutter und auf dem Absatz fällt mir noch ein Zettel in der Küche auf. "Deine Rechte beim Harzer Amt" Einerseits weil im Text beschrieben wird, das Niemand im HarzSystem alleinig ein Opfer ist, sondern - man könnte es so formulieren: auch Täter, weil Mitwirkend durch sich Fügen; doch folgender Maßen in Worte gekleidet klingt es optimistischer: - einen Handlungsrahmen hat, den jeder Mensch auf voll ausschöpfen darf. Ergib dich nicht der Bürokratie, dem Unwissen der Bearbeitenden und schon gar nicht dem verbalen, meist falschem Zwang. Beispielsweise dürfen so viele Menschen wie du wünschst dich als Beistand begleiten und du musst keine Eingliederungsvereinbarung (in der Tat nicht dem Grundgesetz entsprechend ergo strafwürdig)  unterzeichnen (auch nicht von Amtswegen) , um die Grundsicherung zu erhalten.

Ich stapfe los. Mein Kopfhörer hat sein Nupsi verloren - Rucksack an einer Brücke auspackend kommt ein Mensch hinter mir an. Will der mir Pide verkaufen? Ich winke ab, er schmeißt sie ins Wasser und wir schnacken kurz. Bin bestürzt, dass ich gleich ein Verkaufsgespräch witterte und nun ein potenzielles Frühstück in den Wind geschlagen, respektive ins Wasser hab fallen lassen. Die Nächsten Kilometer sind geprägt von zwei Mantren: "Ich höre Menschen zu und frage unverstandenes nach", und "Ich finde einen passenden Nupsi" denn der ist in der Wohnung geblieben. Keine Musik also beim Warten mit berliner Pappe. Grauer Himmel, keiner schaut nett, keiner schekert. Mit wird kalt und langweilig, als plötzlich einer von der dritten Spur rüber schießt und scharf bremst. Hamburg - Berlin: Direct Ride.

Ein Außenbediensteter einer Industrieküchenproduktion, von einer Messe kommend, nimmt mich bis zur Heerstraße (irgend ne Bus M-irgendwas geht da los) mit. Leicht bestockte Gespräche über dies und das. Geplante Obsoleszenz im Großküchenbau? frage ich ihn und wir erzählen uns eins über den Austauschhafen den ich in einigen Tagen, wenn ich zurück komme moderieren werde und dass es das in seinem Gewerbe eher nicht gibt. Pause von gefühlt 2 Minuten, dann: Naja also die Haltbarkeit der Produkte sinkt schon, dass könne man schon sagen. Doch geplant sei das nicht. Das liege überwiegend an den Fertigungsbedingungen. Die Schweißnähte werden geringer und die Blechstärken auch. Es sei eben Ressourcenoptimierter - "gute Sache das", denkt's in mir - und klar, könne man noch mehr Geld in langlebigere Designs stecken, doch der Preis insbesondere im internationalen Vergleich pipapo. Wieder eine gefühlte Minute bis zu jenem denkwürdigen und das Thema beendende Highlight: "Es wäre ja auf die Dauer auch öde, wenn die Dinger ewig halten würden. Würde dann ja immer Gleich aussehen und Moden ändern sich nun einmal." Nach einem kurzen Moment der Stille - wohl dem Nachdenken über das eben gesagte geschuldet - betretenes - ich möchte sogar behaupten beschämtes Schweigen auf beiden Seiten.
Auch hier Ergo der Reise: Geld ist das Lebenselixier, für welches wir bestrebt sind, unsere Aufgaben _ zu tun. (Da wo das _ nun steht, hatten wir mal ein Adverb wie gut, doch im Zuge der internationalen Marktentwicklungen haben wir den Vertrieb von Adverbien eingestellt und beabsichtigen an den jeweiligen Leerstellen das Wort effizient einzupflegen.

[uh fieser Schnitzer: Ich muss an dieser Stelle anmerken, dass ich zum Essen gebeten wurde und dem Folge leisten werde, daher diese Passage ausgespart habe. Sie ist jedoch derartig interessant, dass ich sie womöglich in einem weiteren Beitrag veröffentlichen werde. #Von Moral und Klarheit, von dem Zweck anderer Menschen und dem Nice-Guy-Gedanken]

Ich habe heute L besucht mit ihrem Kleinen. Wie erleichtert ich mich fühlte zu spüren wie plötzlich nach all dem Sinn des Lebens suchen etwas da war, was einem einen Sinn regelrecht diktierte. Freilich ist dies nur schwer als ein nicht eigennütziges Projekt anzusehen, bleibt doch unklar, woher die intrinsisch-intuitiv wirkende Motivation entspringt. Sendet der Kleine junge Mensch wortlos die Aufgabe, welche seine Mutter nun als spannend und erfüllend, auch dankend übernimmt?
Einerlei wie sie zu ihrem Vorhaben gekommen ist, respektive wie ich ihre Motivativkräfte beschreiben möge, ist es erstaunlich wie klar der Kompass zu werden scheint.
Ich spreche von einem inneren Kompass, der mir aufzeigt, welche Dinge und welche Aktionen von Notwendigkeit zeugen. Klar erkennen zu können, dass nun ein Aufbauen einer Tageseinrichtung dringlicher und zweckdienlicher ist, als die Gewissheit darüber zu erlangen, ob nun der Kapitalismus zu neoliberalen Zeiten ultimativ zu überwinden gilt.
Und nach Bruchteilen von Momenten steht der Entschluss sich einer Gemeinschaft anzuschließen. Leben allein ist sinnlos, ebenso wie ein Warten auf Umsorgen zum Vergessen verdammt. Es gilt heute Pflege zu leisten und zu ermöglichen. Es geht heute darum Lebenswichtiges zu sichern und in vielen Fällen - so meine Befürchtung - gilt es  jenes  (wieder) auzubauen.


[uh fieser Schnitzer: Ich muss an dieser Stelle anmerken, dass ich zum Essen gebeten wurde und dem Folge leisten werde, daher diese Passage ausgespart habe. Sie ist jedoch derartig interessant, dass ich sie womöglich in einem weiteren Beitrag veröffentlichen werde. Wieder einmal Moral und Klarheit, sowie Grundwerte, Grund zur Klage beim Scheffe wegen kein-Geld-zum-leben und den Veganen Burgerschuppen mit perspektivischer selbstausbeute für 5,30€ und ganz wichtig: Mein Tag mit Dennis - Wandeln auf der Paradiesinsel]

Ich habe auf meiner Rückreise drei Menschen begegnen dürfen. (Wieso eigentlich Dürfen? Letztlich habe ich sie doch schlichtweg getroffen, oder?) Zunächst fuhr ich vom Kurt Schumacher Damm bis zur nächsten großen Raste, Linumer Bruch, mit einem Ingenieur, der - ich noch an der Straße mit Schild stehend - mich antippte und einlud mitzufahren. In vertrautem Dialekt sprachen wir über Energieausweise für Gebäude. Dass es verschiedene Wege gäbe, diese zu berechnen, dass jedoch letztlich alles in einer EXCEL-Tabelle unterzubringen wäre und somit eine fachliche Fundierung für die reine Erstellung nur bedingt von Nöten sei. "Der Mittelstand? Ja der scheint sich aufzulösen. Ick kann mir vorstellen, dass in ein paar Jahren es nur noch zwei Schichten gibt. Dann hat sich die Mittelschicht in der untersten versenkt." Wir sprachen über Mindestlöhne, über Vergabepraktiken von Aufträgen, die letztlich dazu führen, dass Menschen kein ausreichendes Gehalt mit den Projektumsetzungen verdienen können. Wir sprachen über den Fachkräftemangel und die Fachkräfte, die abziehen, weil es in Deutschland - wohl mindestens in einigen Regionen und Brangen - nebst dem Fachkräftemangel auch einen Vergütungsmangel gibt. Eins Drei sind dann schnell mal als unzureichend klassifiziert und hinreichender Grund eben keine Kinder haben zu wollen.

Ausgestiegen, froher Gedanken gute Heimfahrt gewünscht und flux einen Münchener BMW erwischt, der mich bis kurz vor Hamburg mitnehmen möchte. Er sprach mich sogar von selbst an. Edler Typ dachte ich mir. Klare Augen, kurze Haare leicht angegraut. Vielleicht um die Vierzig. Jetzt würde ich ihn auch Ende 30 schätzen, da ich weiß, was er in Berlin erledigte. Bevor es los gehen konnte, wollte er noch fix etwas Essen und ich versuchte mein Glück doch noch einen Direkt Ride zu erwischen. Was mir nicht gelang. EGAL dachte ich und schäkerte stets mit den Menschen, die mir Handzeichen gaben, mich anlächelten oder mit den Achseln zuckten. Die Sonne schien, es war Hemd-warm und ich war verdammt gut drauf. Schien irgendwie ein guter Tag zu sein. Eine Frau kam auf mich zu und wollte mich gerne ein Stück mitnehmen. Das wollten in der Tat um die sechs Leute, doch alle nur halb so weit wie besagter BMW-Fahrer.  "Schade", sagte sie, "Hast du Lust auf diesen Schoko-Shake? Den haben die mir geschenkt und zwei von den Teilen schaffe ich nicht." Klar sagte ich und die Sonne schien noch mehr. Allerdings, die Teile brizzel erst im Mund, dann im Gehirn und letztlich ne ganze Weile im Bauch. Komisches Zeug.
Er kommt, wir fahren los. Noch beim Anfahren offeriert er mir die AGBs: "So und du unterhälst mich jetzt für zwei Stunden" Er lacht, ich auch. "Das sind die Standard-Bedingungen", füge ich hinzu. Wir fahren eine ganze Weile. Das Wetter wird mies. Platzregen. Er erzählt von seiner eben abgelieferten Promotion über -tata:- Energieausweise von Gebäuden. Die Dinger sind tückischer als man zu meinen glaubt. Wir sind uns schnell einig, dass die jeweiligen Angaben so gut wie unmöglich korrekt sein können. Mal ziehen bislang sparsame Menschen aus, hinterlassen dann Leerstand und dann ziehen wiederum "Energieintensive" ein. Auch eine Vergleichseise Aufstellung des Ausweises muss scheitern, da jedes Haus anders steht, andere Technik verwendet und aus dann doch wieder anderen Klinkern besteht. Damit sind beide Berechnungswege: Bedarfsberechnung und Verbrauchsberechnung hinfällig. Im Durchschnitt liegen bei einer Gegenüberstellung von vergleichsweiser und messtechnischer Berechnung divergieren die Werte für dasselbe Objekt um 40 bis 50 %. 80% kämen auch noch so häufig genug vor. Schade eigentlich, dann die Methode sei ja von der Idee her sinnvoll. Leider sei sie wieder einmal nur geeignet um Menschen den Verdienst von Geld zu ermöglichen. In meinem Kopf begleitet von dem Subtext: Dedüm.

Er ist nicht schockiert von meinen Erzählungen über das Uniwesen, über Verwaltungskrankheiten und Gebühren, doch zeugte dies seiner Einsicht in ein, Fuck, hier geht es Berg ab. Er sieht keine guten Aussichten für den Studien und Wissenschaftsstandort Deutschland. Doch bestimmt gibt es irgend eine Statistik, die belegt, dass ___ (Platz für eine Fußnote zum selber ausfüllen)

Er legt mir nahe eine Promotion durchzuziehen. Das gefällt mir. Endlich jemand der an mich glaubt. - Moment - Naja OK der daran glaubt, dass Promotionen etwas bringen. Beruflich.
Ich kann mich gar nicht 'elokwent' genug ausdrücken zu den Impulsen und Ja-sagenden Stimmen in mir. Der sportliche BMW ist gemietet. Er hat Jura studiert, auch wenn er Arzt werden wollte. Ach ja und er findet meine ReiseIdee gut, was ich - von mir selbst erstaunt - wiederum auch gut finde. Regelrecht bestärkend. Toll dass nicht das erste Kommentar #Zeitverschwendung ist. Blöd nur, dass eine ökonomische Betrachtung Anlass gab, dies zu befürworten. #Hmpfgrg
Ich denke mir: Arbeit und Leben gehören zusammen. Tolle Wurst, da denke ich ökonomisch-Selbstvermarktend ist ein Scheiß und gleichsam ist wirtschaftlich Tätig sein ein Scheiß, wenn kein Eigeninteresse dahinter steht. #Mist

Schwups raus aus der Kiste, rein in die Nächste. Ein altes Ehepaar. So wirken sie zumindest. Oma und Opa und irgendwie dämpft noch die Vergangenheit als Rauchende aus den Polstern der C Klasse. (#Wieso fahre ich häufig gut situierte Fahrzeuge?) An dieser Stelle möge die Leserschaft 3 Mal raten, was diese Zwei miteinander verbindet PLUS was sie zudem beruflich immer noch ausüben. (gerne drei Mal Nein verzeichnen, es sei denn ihr meint sie währen:) Zirkuseigentümer_Innen (und außen.. #Was ist die Verdinglichung von Eigentümer? Eigentum besitzende ne.)
Es folgt eine lange Erzählung über das Leben der Zirkusleute, der ich gespannt und wohlwollend zuhöre. Wie unreflektiert, reflektierte ich manchmal, aber die Bonbons waren lecker und ich war von der Stimme, der Stimmmodulation und vor allem von den faltigen Gesichtern gefesselt. Endlich deutsch sprechende und (!) vom Leben gefaltete Gesichter. Nach 10 Minuten wollte ich nicht mehr Promovieren, sondern in den Zirkus.
Ich erinnere mich an Dennis, der davon berichtete, dass er während einer HarzMaßnahme "Finde deine verborgenden Vorlieben und Talente um in ein Berufsleben zu gelangen" von einem Menschen mit den Worten "In dem was du sagst steckt sehr viel Zynisches und Sarkastisches. Ich bin der Meinung beides ist eine Krankheit, die den Spaß am Leben für einen selbst nimmt. Das finde ich derartig anstrengend, dass ich mich mit dir nicht befassen möchte." betraut wurde. In jenem Seminar erkannte er (kann man das so sagen? Passender wäre "wurde Ihm erkannt"), dass er unentschlossen ist. Und das galt es - mitsamt des Zionistischen Redens - zu bereinigen.

Hamburg Hauptbahnhof, Niesel, Extrem viele Menschen, Zug verpasst, Austauschhafen.de abgesagt, weil Referenten nicht gekommen sind - kurzum Willkommen daheim.















Samstag, März 08, 2014

In was für einer Welt leben wir?

Diese knappe Frage zu stellen ist bereits nicht ganz so einfach.
Die Antwort allerdings, scheint von niemanmden erwartbar.
Wie kann ein Mensch die vollen Umstände eines SnapShots, eines einzigen Augenblicks erkennen, bewerten und letztlich deskriptiv beschreiben in welche Wert er oder sie lebt?

Wenn ich heute davon ausgehen muss, dass eine einzige Filliale einer Supermarktkette etwa 10kg durchaus genießbarer Ware den Mülltonnen übergibt, in welcher Welt lebe ich dann?
Wenn ich weiß, das Fillialleiter Kooperationen nicht eingehen, weil sie von ihrer Konzernleitung ihre Kündigung befürchten müssen und dass obgleich Menschen damit geholfen wäre, in welcher Welkt lebe ich dann?
Wenn um mich die Menschen mit Arbeit und mit sich von der Arbeit erholen beschäftigt sind, mit welchen Menschen bin ich dann in dieser Welt?
Wenn Menschen, die nicht einer Erwerbsarbeit nachgehen wollen, von anderen Menschen beschäftigt, gezwungen und gedemütigt werden, auf dass sie Urlaub bräuchten, mit welchen Menschen lebe ich dann in dieser Welt?

Mein Vater hat immer gesagt, in Zeiten des Kapitalismus zählt nur dein Geldbeutel.
Ich will ihm nicht glauben, nur sage mir,
Welchen Weg durch welche Welt wähle ich und welche Menschen gehen mit mir?